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Endlich ist es wieder so weit: Nach acht spiellosen Jahren bringt die Tellspielgesellschaft Altdorf pünktlich zu ihrem 125-Jahr-Jubiläum den Tell wieder auf die Bühne. Ein Gespräch mit Regisseurin Annette Windlin.

Wie viel Ungerechtigkeit erträgt der Mensch, bis er sich wehrt? Wie schmal ist der Grat zwischen Widerstand und Rache? Und kann ein Meuchelmord gerechtfertigt werden? Diesen zeitlosen Fragen geht die preisgekrönte Innerschweizer Regisseurin und Theaterschaffende Annette Windlin in ihrer Inszenierung von Schillers Tell auf den Grund. Das Konzept dazu haben Windlin und ihr künstlerisches Team bereits 2017 erarbeitet. Seither hat der Stoff mit den Kriegen in der Ukraine und im Gazastreifen an Dringlichkeit und trauriger Aktualität gewonnen.

«Der Tell ist ein Mythos mit geschichtlichem Hintergrund. Das bietet viel Spielraum für Interpretation und macht das Stück für mich so interessant», erklärt Annette Windlin ihre Motivation, die 44. Inszenierung in der 125-jährigen Tellspieltradition in Altdorf in Angriff zu nehmen. Aufgewachsen in Küssnacht am Rigi kennt sie die Tellsgeschichte bestens. Als Kind hat sie oft in der Hohlen Gasse und in der Gesslerburg gespielt. «Zudem mag ich Sprache. Und Schillers Text stellt diesbezüglich sehr hohe Ansprüche.» Das ist denn auch die einzige Vorgabe der Tellspielgesellschaft an die Spielleitung: Es muss Schillers Originaltext auf die Bühne kommen, aber selbstverständlich gekürzt. Ansonsten geniessen Annette Windlin und ihr künstlerisches Team absolute Freiheit. 

Annette Windlin
Die Tellspiel-Regisseurin Annette Windlin. Bild: Beat Allgaier 

Die Crew sei sehr motiviert und spielfreudig, sagt Annette Windlin über die rund 70 Laiendarstellerinnen und -darsteller. «Zuerst haben wir zusammen am Tisch den Text erarbeitet», erklärt die Regisseurin. «Das ist sehr wichtig. Denn die Darstellerinnen und Darsteller können nur dann überzeugend spielen, wenn sie genau wissen, was sie sagen und meinen.» Seit Januar probt das Ensemble noch ohne Kostüme in den Räumlichkeiten der Dätwyler Stiftung, bevor es im Sommer dann ins Theater Uri auf die richtige Bühne mit allem Drum und Dran geht. Am 24. August ist Premiere. Dann wird das Stück bis am 19. Oktober fast dreissig Mal aufgeführt. 

Speziell am Tell24 ist, dass der in so mancher Inszenierung weggelassene fünfte Akt von Schillers Vorlage einfliesst. Dort löst Schiller die moralischen Fragen rund um Wehr und Rache beim Aufeinandertreffen des Helden Tell mit dem Herzog Johann von Schwaben auf. Von Schwaben, auch genannt Parricida (lat.: Verwandtenmörder), hat seinen Onkel, den römisch-deutschen König Albrecht I, erschlagen, weil dieser ihm sein rechtmässiges Erbe verwehrte. Nun ist er auf der Flucht. Sind die beiden Verbrecher? Oder haben sie redlich gehandelt? Wie Tell24 dieses Dilemma löst, erfahren Sie an einer der zahlreichen Aufführungen. So viel verrät Annette Windlin schon jetzt: «Es wird viel Brachiales und viele Kampfchoreografien zu sehen geben, aber auch viel Raum für leise und intime Momente haben. So wie es ein komplexes Thema verdient, das nicht einfach in den Kategorien Gut und Böse abgehandelt werden kann.»

Informationen zu Spieldaten und Tickets gibt es auf www.tell24.ch oder im Theater Uri

125 Jahre Tellspielgesellschaft Altdorf 

Seit 1899 interpretieren Spielleute der Tellspiel- und Theatergesellschaft alle paar Jahre Schillers Tell jeweils aus dem Zeitgeist heraus neu – offen für neue Entwicklungen und mit einem wachen Geschichts- und Theaterverständnis. Die Aufführungen im ursprünglich zu diesem Zweck erbauten Altdorfer Tellspielhaus – heute Theater Uri – werden von einem anspruchsvollen Publikum beachtet. Zum 125-Jahr-Jubiläum wartet die Tellspielgesellschaft neben der Inszenierung des klassischen Stoffs durch die preisgekrönte Innerschweizer Regisseurin Annette Windlin mit einem grossen Jubiläumsfest anlässlich der Premiere vom 24. August auf. Infos zum Festprogramm stehen unten zum Download bereit.

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Programm Jubiläumsfest vom 24. August 2024 (.pdf) Download 0 Programm Jubiläumsfest vom 24. August 2024 (.pdf)